Zwischen 1919 und 1921 wurde das ländliche Simonskall im Eifeler Kalltal bei Düren zum Genius Loci für eine Gruppe von Literaten und bildenden Künstlern, die sich den Namen Kalltalgemeinschaft gab. Der engere Kreis bestand aus Carl Oskar Jatho und Käthe Jatho-Zimmermann, Franz Wilhelm Seiwert und Franz Nitsche, die von weiteren Künstlern aus der rheinischen Kunstszene, darunter Otto Freundlich, Angelika Hoerle und Heinrich Hoerle, besucht wurden.
Die Gruppe lebte und arbeitete dort fern der großen Industriestädte und verwirklichte gemeinschaftliche Projekte, zu denen insbesondere die Schriften der Kalltal-Presse zählen. Zu diesen Publikationen gehören etwa Die Gemeinschaft der Einsamen von Käthe Jatho-Zimmermann, Von der Gesellschaft zur Gemeinschaft von Carl Oskar Jatho, Welt zum Staunen von Franz Wilhelm Seiwert und Zwischen Morgen und Abermorgen. Zeichnungen und Aufzeichnungen von Franz Nitsche.
Der Name Kalltalgemeinschaft verweist einerseits auf den Ort und andererseits auf das Selbstverständnis als Gemeinschaft jenseits institutioneller und autoritärer Strukturen. Bestehende Konzepte künstlerischer, gesellschaftlicher und politischer Art wurden vertieft und weiterentwickelt, Netzwerke gepflegt und ausgebaut. Als (u)topisches Experiment praktizierte die Kalltalgemeinschaft nicht Weltflucht, sondern Verarbeitung von Welt und konkrete Arbeit an der Welt.